Aktuelle Fenstertechnik
Fenster als wichtiges energetisches und ästhetisches Bauelement stellen einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes dar. Besonders Architekten setzen Fenster und Glasfassaden vermehrt als Gestaltungsmittel ein, oft großformatig und raumhoch. Licht-durchflutet soll das Heim sein, offen das Büro, Tageslicht überall und die Aussicht unübertrefflich.
Auch im energetischen Bereich werden die Anforderungen stetig erhöht, die Forderungen nach Niedrigstenergiehaus und Passivhaus –in der Schweiz: Minergie-P- sind aktuelle Themen im Planeralltag. Wo steht die Entwicklung des Fensters heute?
Material und Markt: Das Holz-Aluminium-Fenster liegt im Trend
Wie bei der Gebäudehülle auch, geht es bei der Wahl der Fenster erst einmal um das Material: Holz oder Holz-Aluminium-Kombinationen sollten bei einem Holzbau erste Wahl sein, Industriebauten schmücken sich gern mit Aluminiumfenstern, denn auch deren Fassaden werden oft vom Stahlbauer erstellt. Der Fenstermassenmarkt (56,8 % Marktanteil) wird mit Konstruktionen aus Kunststoff, bei Wunsch nach Farben auch mit Kunststoff-Aluminium-Kombinationen beliefert. Daneben gibt es Neuheiten aus GFK- (Glasfaser verstärkter Kunststoff) oder extrudierten Holz-Kunststoff-Profilen.
Auffallend ist die Entwicklung des Holz-Aluminium-Fensters in Deutschland, das bis vor wenigen Jahren ein Nischendasein mit 3 % führte, ganz im Gegensatz zur Schweiz oder Österreich. Die Kunden dieses Materialmixes schätzen den Naturbaustoff im Innern und die Wetterresistenz des Aluminiums außen. Besonders in der Schweiz (der Holz-Alu Anteil liegt bei 27 %) ist vom Endkunden sehr oft zu hören, dass ein Kunststofffenster im eigenen Holzhaus nichts zu suchen hätte, in Deutschland ist der Konsument da offensichtlich nicht so konsequent aufgestellt, der Marktanteil ist 2009 laut einer VFF-Mitteilung (Verband Fenster + Fassade) auf gerade einmal bei 4 % gestiegen (Holz = 18 %). In Österreich ist der Anteil mit 25 % auf höherem Niveau als das der dortigen Holzfenster (= 20 %), der Grund sei in der inzwischen wirtschaftlichen Konstruktion und damit entsprechend optimierter Produktion dort zu sehen. Dazu sagte Peter Schober (Leiter der Abteilung Bautechnik bei der Holzforschung Austria): „Im Holz-Alu-Bereich arbeitet man heute daran, die Fenster wirtschaftlicher zu machen – was nicht mit “billiger” zu verwechseln ist. Holz-Aluminium-Fenster gibt es eigentlich schon sehr lange, aber es war immer ein Holzfenster plus Aluschale und hatte den Preis eines Holzfensters plus Aluschale. Heute beginnt man die Konstruktionen auf das zu optimieren, was die einzelnen Werkstoffe zu leisten vermögen. Und damit werden sie wirtschaftlicher. Was einer weiteren Wirtschaftlichkeit heute etwas entgegen läuft, ist die energetische Optimierung, die zwar Geld kostet, aber sehr zu begrüßen ist. Dass die heutigen passivhaustauglichen Holz-Aluminium-Fenster auf einem vernünftigen wirtschaftlichen Niveau liegen, ist auf die Optimierung der Konstruktionen zurück zu führen. Ein Passivhausfenster in Holz-Alu, gefertigt nach den Vorgaben von vor 10 Jahren, wäre heute unbezahlbar.“
Energetische Vorgaben: Im Neubau ist das Passivhaus das Ziel
Lagen Mitte der 70er Jahre die U-Werte von Standard-Isolierglasscheiben, die sich nach der „Ölkrise“ durchsetzten, noch bei einem U-Wert 2,8 W/m2K, liegen die Werte beim Neubau und bei der Sanierung laut EnEV bereits 2009 bei 1,3 W/m2K für das Fenster, also U-Wert window = Glas plus Rahmen plus Randverbund. Die nächsten Verschärfungen sind bereits wirksam.
In einer Pressemitteilung der Flachglasindustrie war kürzlich zu lesen, dass 40% der ausgelieferten Gläser heute aus Dreifach-Scheiben bestünden. Hier zeigt sich, dass die Forderung nach energiesparenden Bauten eben auch entsprechende Fenster- und Fassadenkonstruktionen nach sich zieht, die, neben diversen anderen Merkmalen, einen möglichst geringen U-Wert der Verglasung voraus setzen. Nachdem die Baubranche Anfang der 90er Jahre energiesparende Gebäude bzw. die entsprechenden gesetzlichen Forderungen umsetzten, entstanden verstärkt staatliche Förderprogramme, die diese Entwicklung unterstützten.
Holz-Aluminium, geklebt: Internorm
In Österreich fertigt Internorm, einer der führenden Hersteller in Europa, Kunststoff- und Holz-Alu-Fenster mit Verklebetechnik, mehrere Millionen derartige Fenster wurden von diesem Unternehmen bisher ausgeliefert. Highlight ist das System „HF 140“, zwischen dem äußeren Aluminium und dem Kern aus verleimten Holzschichten „I-tec_Core“ sorgt Thermoschaum für Dämmung. UW bis 0,70 W/m²K und hohe Schalldämmung sind möglich, 3fach-Verglasung ist serienmäßig.
Holz-Aluminium, geklebt: 1a-Hunkeler
Der Schweizer Hersteller 1a-Hunkeler punktet mit Holz-Alu-Fenstern, bei denen der in seiner Ansicht durch den Einsatz der Klebetechnologie bereits minimierte Flügelrahmen von der äußeren Scheibe überdeckt wird. Ergebnis ist eine von Architekten abgefragte Ästhetik, bei der außen nur noch Glas sichtbar ist; der Bewohner schätzt vor allem das pflegeleichte und wetterresistente Äußere. Mit 3fach-Verglasung ist das Fenster tauglich für Passivhäuser. Das Unternehmen hat seine gesamte Produktion auf die Verklebungstechnologie umgestellt und ist damit sehr erfolgreich. Beat Kämpfen, Züricher Architekt mit diversen Solarbau-Preisen geehrt, verwendet nur noch Fenster dieses Herstellers.
Holzfenster, geklebt: traditionsverbundener Familienbetrieb entwickelt unterhaltsfreies Holzfenster
Seit 1874 werden in Haslach im Kinzigtal Holzfenster hergestellt und 2006 präsentierte das Unternehmen Gegg das „revo“-Fenster, bei dem das Äußere von einer (verklebten) Glasscheibe verdeckt wird. Dabei war die Rahmengeometrie wegen der Verklebung eine komplette Neuentwicklung, die sich der 15-Mann-Betrieb leistete. Auf der IHM gab es 2007 dafür den Innovationspreis. Heute sind ca. 70 % der verkauften Fenster bei Gegg „revo“: Designanspruch plus Pflegefreiheit.
Holz-Aluminium-Fenster mit integrierter kontrollierter Lüftungsanlage: i-vent
Das Schweizer Ingenieurbüro Fentech hat ein Lüftungsmodul in Passivhaus-tauglicher Qualität zur Marktreife entwickelt. Es wird in der Laibung direkt neben das Fenster eingebaut, ist mit Wärmerückgewinnung ausgestattet und weist einen Wirkungsgrad von 85 % auf. Der Luftstrom wird über einen CO2-Fühler geregelt, der im Abluftstrom angeordnet ist. Der Lüfter arbeitet permanent auf einer Grundstufe mit einer Leistung von 10 m3/h. Stellt der Fühler eine verstärkte Gaskonzentration fest, regelt er die Lüfterleistung bis auf 30 m3/h hoch. Schalldämm-Messung an der TH in Luzern Ende 2010 bescheinigten dem „i-vent“ genannten Gerät einen Wohnzimmer-tauglichen Geräuschpegel von nur 25 dB. Die Züricher FensterFabrik Albisrieden hat diese Lüftung in ihr Holz-Alu-Fenster integriert und damit bis heute über 1.000 Geräte in mehreren größeren Mietwohnprojekten installiert, die meisten davon im Minergie-P-Eco Standard (Passivhaus mit erweitertem ökologischen Anspruch).
Jörg Pfäffinger
Foto: Kämpfen für Architektur, Zürich (Objekt: Sunny Watts) www.kaempfen.com
links:
VFF: www.window.de
www.holzalu.de
www.enev-online.de
www.holzforschung.at
www.ift-rosenheim.de